Forschung & Entwicklung

David L. Mills (1938-2024): Das Erbe des NTP-Pioniers

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David L. Mills gilt als einer, wenn nicht sogar als einer DER Pioniere des Internets. Er wird ganz sicher als Vater des Network Time Protocol (NTP) und damit eines der wichtigsten Protokolle überhaupt betrachtet. Er stellte in seiner Karriere die Infrastruktur, um Internetinfrastruktur zu schaffen, wie es häufig sehr treffend heißt und ähnlich auch von ihm selbst bereits mehrfach beschrieben wurde.

Nun ist David L. Mills verstorben und für uns als IT-Dienstleister war es da natürlich ein großes Anliegen, ein paar Worte zu seiner Arbeit und seinem Werdegang zu verlieren. Auch deshalb, weil neue Generationen von Informatikern nicht vergessen sollten, wer die Wege einst geebnet und für wichtige Standards gesorgt hat.

David L. Mills ist einer von denen, deren Arbeit wir auch heute noch tagtäglich erleben und die bis zuletzt daran beteiligt waren. Lassen Sie uns also einen Moment abtauchen und uns die Zeit nehmen, ein wenig mehr darüber zu erfahren, wer David L. Mills eigentlich war.

Infrastruktur für die Infrastruktur bauen

David L. Mills promovierte bereits 1971 in Informatik an der University of Michigan. Fortan lehrte er in Edinburgh sowie an der University of Maryland, bei der ihm eine Festanstellung jedoch verwehrt blieb. Diese Absage beschrieb er selbst als »das Beste, was mir je passiert ist«, denn so konnte er sich einen Job bei Comsat sichern und erhielt dort Zugriff auf entsprechend fortschrittliche Technologien, die sein Leben und seine Karriere verändern sollten.

Er selbst beschrieb seine Arbeit bei Comsat an Arpanet oft als sehr merkwürdig. Laut seiner Aussage erfanden sie dort E-Mail, Dateiübertragungs- und Fernzugriffsprotokolle, während sie die Infrastruktur nutzten, die sie gerade selbst aktiv entwickelten. Das war wohl ein sehr merkwürdiges Gefühl.

Lehrreich war die Arbeit für ihn primär aus einer Sicht. Nämlich aus der, dass diejenigen, die eine Infrastruktur nutzen, auch mit daran arbeiten sollten, um sie zielgerichtet nach vorn zu bringen. 1985 entwickelte er dann das Network Time Protocol (NTP), um welches er sich mehr oder weniger eigenständig kümmerte. Bis fast zu seinem Tod, wohlgemerkt.

Das Network Time Protocol (NTP)

Wer Berichte über David L. Mills liest und verfolgt, erkennt sehr schnell, dass der Mann eine gewisse Form von Perfektion anstrebte. Diese Perfektion forderte er dabei auch von allen anderen in seinem Einflusskreis, weshalb auch nur wenige bereit waren, aktiv mit ihm zusammenzuarbeiten. Schlussendlich pflegte er NTP daher weitestgehend allein. Er selbst sagte immer wieder, dass dies gewissermaßen von selbst passierte, weil es sonst niemand tat.

Das Network Time Protocol (NTP) ist dabei ein Standard, um Geräte über das Internet mit der aktuellen Uhrzeit zu versorgen. Ziel war von Anfang an, weltweit verbundene Rechner möglichst genau und trotz etwaiger Latenzen mit Echtzeituhren wie Atomuhren zu synchronisieren. Schon damals erreichte er mit NTP eine Genauigkeit im Bereich weniger Millisekunden.

David L. Mills blieb als Erfinder von NTP übrigens durchgehend an der Weiterentwicklung des Protokolls und der UNIX-Implementierung beteiligt. Es heißt, dass er dort bis zu seinem Tod noch beratend zur Seite stand. So unterstütze er dann auch Harlan Stenn, der NTP seit den 90er-Jahren offiziell pflegte. Dabei achtete er stets darauf, dass seine angestrebte Perfektion auch weiterhin Teil von NTP in all seinen Einzelheiten blieb. Leicht war es daher nicht, mit ihm zu arbeiten.

Arbeit und Wirken im Kontext

Die Nachricht über den Tod von David L. Mills am 29. Januar 2024 verbreitete sich schnell innerhalb der IT Community. Als ein Pionier des Internets war er vor allem Informatikern und IT-Begeisterten ein Begriff. Jungen Menschen fällt es hingegen mitunter schwer, die Arbeiten von Mills entsprechend korrekt einzuordnen und sie im Kontext seiner Zeit zu betrachten.

Klar ist, dass David L. Mills mit seinen Forschungen und Ergebnissen einen enorm großen Beitrag leisten konnte. Vor allem was Stabilität und Zuverlässigkeit sowie Latenzen betrifft, hat er viel bewegt und auch maßgeblich verändern können. Auch weil er sein Wissen dabei stets teilte und nicht nur auf sich selbst bedacht war, sondern vielmehr eine Zusammenarbeit zwischen Forschern weltweit anstrebte.

Zudem erscheint die Zeitsynchronisation für viele heutzutage erst einmal nicht von allzu großer Bedeutung zu sein. Doch nehmen Sie sich selbst mal einen Moment, um darüber nachzudenken, welche Bedeutung die Zeitmessung in der Moderne allgemein besitzt. Nicht nur im Bereich der Kommunikation, sondern eben auch im Bereich von Finanztransaktionen oder gar kritischen Infrastrukturen. Zeit ist in nahezu jedem Bereich unheimlich wichtig. Vor allem aber ist wichtig, dass sie stets akkurat gemessen werden kann.

Mills Erinnerungen bleiben lebendig

David L. Mills schuf als Pionier unglaublich wichtige Technik und erschien dennoch zu keinem Zeitpunkt eitel oder auf sich selbst fixiert. Er strebte bei seinen Arbeiten ein hohes Maß von Perfektion an, was die Zusammenarbeit mit ihm nicht immer ganz einfach erscheinen ließ. Oft blieb sein direkter Mitarbeiterkreis daher auch eher klein und er tüftelte am Ende viel allein oder in einem winzigen Team an seinen Entwicklungen.

Auf der anderen Seite wollte er sein Wissen und seine Werte auch teilen. Als Hochschullehrer versuchte er Studenten zu inspirieren und bei diesen eine wahre Begeisterung für die Technologien zu schaffen. Er lebte sein Fachgebiet als Leidenschaft und das wollte er immer auch den Menschen um sich herum vermitteln, um so die nächste Generation von Ingenieuren mit den richtigen Werten und Zielen zu formen.

Mit seinem Tod verliert die Welt einen technischen Erfinder, einen visionären Mentor, einen Lehrer und Vertrauten sowie einen derjenigen Menschen, die das, was für uns alle heute mehr oder weniger normal ist, überhaupt erst möglich gemacht haben.

Sein Einfluss auf das Internet und die Netzwerktechnik war enorm und seine Begeisterung, auch für die kleinsten Aspekte und den letzten Feinschliff, um notwendige Perfektion zu erreichen, waren es ebenso. David L. Mills wird der IT Community fehlen und sein Name sollte uns allen stets in Erinnerung bleiben.

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Prof. Dr. Matteo Große-Kampmann

Ich bin Prof. Dr. Matteo Große-Kampmann und Abteilungsleiter für Forschung und Entwicklung. Meine eine Leidenschaft für die Cybersecurity wurde während meiner Promotion an der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik der Ruhr-Universität Bochum entfacht. Dort habe ich mich interdisziplinär mit den Bereichen IT-Sicherheit, Datenschutz und Privatsphäre auseinandergesetzt. Als Professor für Verteilte Systeme an der Hochschule Rhein-Waal lehre und forsche ich intensiv im Bereich der Sicherheit von verteilten Systemen. Meine Expertise erstreckt sich auch auf die Vermittlung von Wissen, sowohl durch meine Arbeit als Autor eines Bestsellers zum Thema Cybersecurity Awareness als auch durch Auftritte in Funk und Fernsehen. Die Anwendung und Weitergabe von Wissen im Bereich der Cybersecurity fasziniert mich zutiefst.