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Bürger Cloud: Das Ende der Bürokratie?

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Wenn von der Bürger Cloud die Rede ist, dann geht es immer auch um eine sinnvolle Digitalisierung. Und zwar um die Digitalisierung von deutschen Registern, die derzeit unabhängig voneinander bestehen und zudem oft nicht einmal aktuell gehalten werden.

Immer, wenn Sie mit einem Anliegen zu einer Behörde gehen, müssen Sie sich daher ausweisen. Sie geben Ihren Namen, Nachnamen, Ihren Wohnort und Ihr Geburtsdatum sowie weitere Informationen an, bevor Sie überhaupt erst den gewünschten Service erhalten. Diese Daten stehen ausschließlich in den jeweiligen Registern, von denen es deutschlandweit mehrere Hunderttausende gibt. Sonderlich effizient scheint das alles also nicht zu sein.

Aufgaben in der Verwaltung werden für Bürger somit gerne einmal zur Geduldsprobe. Die Bürger Cloud könnte dies für immer verändern und all diese Abläufe noch einmal vereinfachen, indem sie die entsprechenden Daten innerhalb der Cloud teilt. Doch wie genau würde die Idee einer Bürger Cloud aussehen und gibt es vielleicht schon etwaige Vorstoße in diese Richtung?

Was ist die Burger Cloud?

Die Bürger Cloud soll Schluss mit den vielen verschiedenen Registern machen, deren Daten immer nur der jeweils zuständigen Behörde bekannt sind. Stattdessen wird eine Cloud-Infrastruktur angelegt, die Bürgerstammdaten entsprechend abspeichert und somit von allen Seiten aus abrufbar macht. Eine einheitliche Struktur für die Daten der Bürger also, um potenzielle Umwege zu vermeiden.

Wo genau die Strukturen der Bürger Cloud dann liegen, soll erst einmal offen bleiben. Ganz egal also, ob Bund, Länder oder Kommunen verantwortlich sind, würde der Cloud-Ansatz einen entsprechenden deutschlandweiten Abruf ermöglichen. Und nicht nur das wäre denkbar, denn die Bürger Cloud könnte auch mit vielen weiteren Vorteilen locken.

Wissenschaftler Thomas Meuche, von der Hochschule Hof, sieht sogar ein eigenes Postfach für Bürger in solch einer Cloud. Was in der Bürger Cloud gespeichert wird, gehört dann außerdem den Bürgern selbst, was gleichzeitig wieder dem Datenschutz und der Sicherheit zugutekommen könnte. Jedenfalls dann, wenn es richtig umgesetzt wird.

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

Der große Vorteil einer solchen Cloud-Struktur wäre nämlich in erster Linie, dass jeder Bürger seine Daten selbstständig verwaltet und freigibt. Ausgenommen die Sicherheitsbehörden, dürfte keine andere Behörde in Deutschland, ohne die Erlaubnis des jeweiligen Bürgers, auf diese hinterlegten Daten zugreifen.

Nutzen Bürger nun einen entsprechenden Service bei einer Behörde, geben sie ihre Daten daher nur noch für die jeweilige Behörde und den entsprechenden Zweck frei. Die Behörde selbst hat dann alles Notwendige, um den gewünschten Service bieten zu können, ohne konkrete Daten speichern oder verwalten zu müssen. Als Bürger ersparen Sie es sich zudem, diese Daten bei jeder Behörde immer wieder neu anzugeben.

Das erhöht den Datenschutz um ein Vielfaches. Die Behörden haben dann nämlich zwar weiterhin ein entsprechendes Register, speichern dort aber keine direkten Daten mehr, sondern hinterlegen vielmehr nur noch die jeweilige Bürger-ID, die wiederum auf die Bürger Cloud und die dort gespeicherten Daten verweist.

Der Datenschutz wird im Zuge einer solchen Digitalisierungsmaßnahme daher um ein Vielfaches gesteigert. Bürger sehen jederzeit, wann und für wen sie den Zugriff auf diese Daten freigeben und auch, wer darauf zugegriffen hat. Statt also alle Daten deutschlandweit zu verstreuen, werden sie in der Bürger Cloud zentral gespeichert und verwaltet werden. Nutzbar durch persönliche Freigabe und eine sogenannte Bürger-ID.

Wie will die Bürger Cloud die Verwaltung optimieren?

Beispiele für derartige Register gibt es viele. Das Melderegister, das Geburtenregister sowie das Passregister. Überall werden personenbezogene Daten gespeichert, statt sie zentral in einer Bürger Cloud zu verwalten und abrufbar zu halten. Digitalisierung müsste diese Datenstrukturen vollkommen aufbrechen, statt an einer Modernisierung der alten Register zu arbeiten. Das jedenfalls glaubt Thomas Meuche, der grundlegende Strukturen nachhaltig verändern und digitalisieren will.

Die Idee der Bürger Cloud geht, wie schon erwähnt, also viel weiter als ein reiner Datenspeicher in der Cloud. Es soll auch ein Postfach für Bürger sein. Stellen Sie als Bürger einen Antrag, erscheint dieser im Postfach und wird er dann angeklickt, erscheinen auch gleich alle zugehörigen Vorgänge und Akten. Da die Details dazu in der Bürger Cloud liegen und so mit dem Bürger via Bürger-ID verbunden sind, wäre das auch tatsächlich ohne viel Aufwand möglich.

Aber nur dann, wenn die schweren und derzeit bestehenden Strukturen mit großem Willen verschlankt werden. Die Prozesse sind zu fett, zu träge und zu langsam. Die Bürger Cloud wäre demnach eine Daten-Diät, die zugleich schnellere Prozesse der einzelnen Vorgänge ermöglichen würde. Bislang ist all das aber nur rein theoretisch zu betrachten. Umgesetzt wird derartiges bisher nicht.

Wie sicher würde eine Bürger Cloud am Ende sein?

Eine berechtigte Frage, denn wo Cloud-Infrastruktur herrscht, muss auch eine entsprechend durchdachte Sicherheitsstrategie aufgebaut werden. Mal eben eine Cloud einrichten und sensible Daten darauf speichern, ist mit einem enormen Risiko verbunden. Speziell dann, wenn es um ein Konzept wie die Bürger Cloud geht, bei dem die Daten sehr viel Privates und Personenbezogenes preisgeben.

Wenn die Cloud neben den reinen Identitätsdaten auch noch alle laufenden Akten verlinkt, können potenzielle Angreifer an eine ganze Menge sensibler Informationen gelangen. Das gilt es natürlich unter allen Umständen zu verhindern und dieser Aspekt wird in der Cybersecurity der Bürger Cloud somit eine entscheidende Rolle spielen.

Wie jede Cloud-Umgebung wird also auch die Bürger Cloud entsprechend geschützt werden müssen. Das wiederum gelingt nur dann, wenn von Anfang an die gesamte Infrastruktur auf Sicherheit ausgelegt und dahin gehend optimiert sowie getestet wird.

Alles nur Theorie oder realistische Zukunftsvision?

Das große Problem bei Digitalisierungen in Deutschland ist, dass die meisten Maßnahmen der Digitalisierung nur analoge Prozesse digital aufbereiten. Doch eine digitale Akte ist auch nur eine Akte. Wie ein Ordner mit verschiedenen Dateien, die jedoch nicht veränderbar sind. Dieser Grundgedanke muss sich ändern, da er allgemein nichts mit einer sinnvollen Digitalisierung gemein hat.

Digitalisierung sollte, wie bei der Idee einer Bürger Cloud, nämlich noch viel weitergehen. Sie sollte Analoges nicht einfach digital ablegen, sondern deren Strukturen modern und neu gestalten. Die Bürger Cloud würde die Bürger-ID bringen und digitale Akten sollten auch digital weiterverwertet werden können, nicht einfach abgelegt werden, wie es bei analogen Akten aus Papier der Fall ist.

Dabei beginnt die EU dies so langsam aber sicher auch zu verstehen. Zum Beispiel mit der europäischen digitalen Identität, die im Grunde viele Ideen einer Bürger Cloud aufgreift sowie recht clever erweitert. Denn mit dieser Self-Sovereign Identity ist Bürgern vielmehr Eigenverwaltung möglich. Außerdem wird die digitale europäische Identität ebenfalls den Zugriff aus unterschiedlichen Stellen heraus ermöglichen und damit die Verwaltung vermutlich noch einmal maßgeblich vereinfachen. Beides kann dabei Hand in Hand gehen und die Digitalisierung in Deutschland durch ein vollständiges Umdenken auf ein ganz neues Level heben.

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Chris Wojzechowski

Mein Name ist Chris Wojzechowski und ich habe vor wenigen Jahren meinen Master in Internet-Sicherheit in Gelsenkirchen studiert. Ich bin geschäftsführender Gesellschafter der AWARE7 GmbH und ausgebildeter IT-Risk Manager, IT-Grundschutz Praktiker (TÜV) und besitze die Prüfverfahrenskompetenz für § 8a BSIG. Unser Brot und Buttergeschäft ist die Durchführung von Penetrationstests. Wir setzen uns darüber hinaus für ein breites Verständnis für IT-Sicherheit in Europa ein und bieten aus diesem Grund den Großteil unserer Produkte kostenfrei an.