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IT-Security Weiterbildung: Autodidakt vs. Zertifizierung

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Neue Bedrohungen, Angriffsvektoren und Sicherheitsstrategien entstehen ständig, weshalb sich Fachkräfte kontinuierlich weiterbilden müssen. Doch wie wird man eigentlich ein Experte in der IT-Security? Gibt es einen klaren Weg, der zum Erfolg führt?

Grundsätzlich lassen sich zwei Herangehensweisen unterscheiden: der autodidaktische Weg und der formale Weg über anerkannte Schulungen und Zertifizierungen. Während einige IT-Security-Profis sich ihr Wissen über Jahre hinweg selbst angeeignet haben, durch Praxis, Fachliteratur und Online-Ressourcen, setzen viele Unternehmen auf Zertifikate als Nachweis für Fachkompetenz. Besonders in Stellenausschreibungen werden Zertifikate wie der Certified Ethical Hacker (CEH), Offensive Security Certified Professional (OSCP) oder TeleTrust Information Security Professional (T.I.S.P.) häufig als Voraussetzung genannt. Doch bedeutet das automatisch, dass Autodidakten im Nachteil sind?

In der Praxis zeigt sich oft ein anderes Bild. Während Zertifizierungen den Einstieg in die Branche erleichtern können, sind sie kein Garant für tiefgehendes Verständnis oder praktische Fähigkeiten. Gleichzeitig kann ein reiner Autodidakt Schwierigkeiten haben, seine Kenntnisse offiziell nachzuweisen, selbst wenn er technisch versiert ist. Wer eine Karriere in der IT-Security anstrebt, steht daher vor einer wichtigen Frage: Ist eine offizielle IT-Security Weiterbildung notwendig oder kann man sich das Wissen auch selbst aneignen?

Was bedeutet Autodidaktik in der IT-Security?

Autodidaktik bedeutet, sich Wissen eigenständig und ohne formale Schulungen oder Prüfungen anzueignen. In der IT-Security ist dies eine weit verbreitete Methode, da viele Sicherheitsforscher und Hacker ihre Fähigkeiten durch praktische Erfahrung und Selbststudium entwickeln. Dieser Ansatz ermöglicht es, sich flexibel und ohne festgelegte Curricula genau die Themen anzueignen, die für die eigene Spezialisierung relevant sind.

Typische Lernmethoden für Autodidakten umfassen eine Vielzahl digitaler Ressourcen. Online-Plattformen wie YouTube, Udemy, Coursera oder Cybrary bieten eine große Auswahl an kostenfreien oder kostengünstigen Kursen zu verschiedenen Bereichen der IT-Security. Viele Experten bauen zudem ihr Wissen durch praktische Übungen auf. Capture The Flag (CTF) Challenges, Bug-Bounty-Programme und Home-Lab-Setups bieten eine ideale Möglichkeit, reale Sicherheitsprobleme zu lösen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Darüber hinaus kann die aktive Teilnahme an Open-Source-Projekten auf Plattformen wie GitHub oder die Nutzung interaktiver Hacking-Plattformen wie HackTheBox oder TryHackMe wertvolle Lerneffekte bringen.

Es gibt viele Beispiele für erfolgreiche Autodidakten in der IT-Security. Kevin Mitnick, einer der bekanntesten Hacker, eignete sich sein Wissen selbst an und wurde später ein renommierter Sicherheitsberater. Auch viele Bug-Bounty-Jäger, also Experten, die Sicherheitslücken in Systemen finden und melden, haben sich ihre Fähigkeiten ohne formale Ausbildung angeeignet. Ihr Erfolg basiert vor allem auf praktischer Erfahrung, analytischem Denken und kontinuierlicher Weiterbildung.

Trotz der vielen Vorteile birgt die autodidaktische IT-Security Weiterbildung jedoch auch einige Herausforderungen:

VorteileNachteile
Flexibilität und individuelles LerntempoKein offizieller Nachweis für Wissen
Keine hohen Kosten für ZertifikateGefahr, sich auf unwichtige Themen zu fokussieren
Lernen am Puls der Zeit, ohne starre CurriculaWenig strukturierte Lernwege

Der autodidaktische Weg bietet also viele Möglichkeiten für diejenigen, die sich eigenständig motivieren und praxisnah lernen können. Doch er erfordert auch Disziplin und eine klare Strategie, um das Gelernte sinnvoll zu strukturieren und für den Arbeitsmarkt verwertbar zu machen.

Was bringen Zertifizierungen in der IT-Security?

Während Autodidakten ihr Wissen durch eigenständiges Lernen und Praxis aufbauen, bieten Zertifizierungen einen strukturierten und offiziell anerkannten Nachweis für Fachkenntnisse in der IT-Security. Viele Unternehmen setzen bei der Einstellung von Sicherheitsfachkräften auf zertifizierte Experten, da Zertifikate eine gewisse Mindestqualifikation belegen. Besonders in großen Organisationen oder regulierten Branchen wie dem Finanz- und Gesundheitswesen werden Zertifikate oft als notwendige Voraussetzung für bestimmte Rollen verlangt.

Es gibt eine Vielzahl an IT-Security Zertifizierungen, die je nach Karriereweg unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Zu den bekanntesten gehören:

  • CompTIA Security+ – Eine grundlegende Zertifizierung für Einsteiger, die wichtige Sicherheitskonzepte, Netzwerksicherheit und Risikomanagement abdeckt.
  • Certified Ethical Hacker (CEH) – Konzentriert sich auf Ethical Hacking und Penetration Testing, ist jedoch eher theorielastig.
  • Offensive Security Certified Professional (OSCP) – Gilt als eine der anspruchsvollsten Zertifizierungen für Penetration Tester, da sie stark praxisorientiert ist und ein Hands-on-Hacking-Lab als Prüfung beinhaltet.
  • TeleTrust Information Security Professional (T.I.S.P) – Fokussiert sich auf strategische und organisatorische Aspekte der IT-Sicherheit, insbesondere für Management-Positionen.
  • ISO 27001 Lead Auditor/Implementer – Wichtige Zertifizierung für ISMS-Experten, die sich mit der Einführung und Prüfung von Informationssicherheits-Managementsystemen beschäftigen.

Für viele Arbeitgeber sind diese Zertifikate ein Beleg für fundierte Kenntnisse und professionelles Engagement in der IT-Security Weiterbildung. Sie helfen Bewerbern, sich von der Konkurrenz abzuheben und eröffnen oft den Zugang zu exklusiven Stellenangeboten. Allerdings bringen Zertifizierungen nicht nur Vorteile mit sich:

VorteileNachteile
Anerkennung durch Arbeitgeber und KundenHohe Kosten für Kurse und Prüfungen
Strukturierter Lernweg mit überprüfbarem WissenManche Zertifikate setzen mehr auf Theorie als Praxis
Oft Zugang zu exklusiven JobangebotenWissen kann veralten, wenn es nicht regelmäßig erneuert wird

Zertifizierungen können also ein wichtiger Meilenstein in der IT-Security Weiterbildung sein, besonders für den Einstieg in die Branche oder den Wechsel in spezialisierte Rollen. Sie ersetzen jedoch nicht die praktische Erfahrung, die für eine erfolgreiche Karriere in der IT-Sicherheit unerlässlich ist. Wer sich für eine Zertifizierung entscheidet, sollte genau prüfen, welche am besten zu seinen Karrierezielen passt und ob sie in der gewünschten Branche oder bei bestimmten Arbeitgebern wirklich einen Vorteil bringt.

Wie bewerten Arbeitgeber die beiden Wege?

Die Frage, ob eine Zertifizierung notwendig ist oder ob autodidaktisches Lernen ausreicht, hängt stark von den Anforderungen des jeweiligen Arbeitgebers ab. Viele Unternehmen nutzen Zertifikate als Filterkriterium, um Bewerbungen effizient zu sortieren. Besonders in großen Konzernen und regulierten Branchen wie dem Finanzsektor oder dem Gesundheitswesen sind offizielle Nachweise oft eine Voraussetzung, um in den Auswahlprozess zu gelangen. In diesen Umfeldern spielen standardisierte Nachweise wie die ISO 27001-Zertifizierung, T.I.S.P. oder Security+ eine wichtige Rolle, da sie eine gewisse Mindestqualifikation sicherstellen.

Allerdings gibt es auch viele Unternehmen, insbesondere Startups und Tech-Konzerne, die weniger Wert auf formale Zertifikate legen und stattdessen praktische Fähigkeiten in den Vordergrund stellen. Für sie sind Capture-the-Flag-Erfolge (CTFs), GitHub-Projekte oder Bug-Bounty-Ergebnisse oft aussagekräftiger als eine theoretische Prüfung. In der Praxis bedeutet das: Wer als Autodidakt in diesen Bereichen aktiv ist, kann sich oft durch Praxisprojekte und reale Problemlösungen beweisen, auch ohne formelle Zertifizierung. Besonders Firmen, die sich mit offensiver Sicherheitsforschung oder Penetration Testing beschäftigen, bevorzugen oft Bewerber mit nachweisbaren praktischen Fähigkeiten anstelle von rein theoretischem Wissen.

Ein Blick auf Stellenausschreibungen zeigt, dass viele Unternehmen Zertifikate in den Anforderungen nennen, aber gleichzeitig auch „vergleichbare Erfahrung“ als Alternative akzeptieren. Das bedeutet, dass auch Autodidakten mit einem starken Portfolio an Sicherheitsprojekten oder erfolgreichen CTF-Teilnahmen gute Chancen haben, wenn sie ihre Fähigkeiten überzeugend präsentieren können. Entscheidend ist in vielen Fällen die Kombination aus fundiertem Fachwissen, praktischer Anwendung und kontinuierlicher Weiterbildung.

Neben den technischen Kompetenzen spielen zudem Soft Skills eine wichtige Rolle. Egal, ob man sich durch Zertifizierungen oder autodidaktisch weiterbildet – Problemlösungsfähigkeit, analytisches Denken und eine schnelle Auffassungsgabe sind für IT-Sicherheitsprofis essenziell. Da Cyberbedrohungen sich ständig weiterentwickeln, erwarten Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern, dass sie kontinuierlich dazulernen und sich flexibel neuen Herausforderungen stellen können. Besonders für Führungskräfte oder Sicherheitsberater sind zudem Kommunikationsfähigkeiten und strategisches Denken unerlässlich, um Sicherheitsrisiken nicht nur zu erkennen, sondern auch verständlich vermitteln zu können.

Letztendlich hängt die Wahl zwischen Autodidaktik und Zertifizierung stark von den Karriereplänen und der angestrebten Position ab. Wer in einer stark regulierten Branche arbeiten möchte oder eine Managementposition anstrebt, wird mit anerkannten Zertifikaten bessere Chancen haben. Wer sich hingegen auf technische Skills und praktische Anwendungen konzentriert, kann auch ohne Zertifizierungen erfolgreich sein – vorausgesetzt, er kann seine Fähigkeiten auf überzeugende Weise nachweisen.

Welche Mischung ist ideal?

Die Wahl zwischen Autodidaktik und Zertifizierungen muss nicht zwangsläufig eine Entweder-oder-Entscheidung sein. In der Praxis zeigt sich, dass eine geschickte Kombination aus beiden Ansätzen oft der beste Weg ist, um eine erfolgreiche Karriere in der IT-Security aufzubauen. Autodidaktik ermöglicht es, praxisnahe Fähigkeiten zu entwickeln, Neues auszuprobieren und flexibel auf aktuelle Trends zu reagieren. Gleichzeitig sind Zertifizierungen ein wichtiger formaler Nachweis, der Arbeitgebern zeigt, dass bestimmte Qualifikationen nachweislich erworben wurden.

Die ideale Mischung hängt stark von der jeweiligen Karriererichtung in der IT-Security Weiterbildung ab. Während ein Penetration Tester stark von praktischer Erfahrung und Hands-on-Trainings profitiert, sind für Sicherheitsberater und Auditoren oft strategische Zertifikate notwendig, um Kunden und Unternehmen professionell zu beraten. Nachfolgend eine Empfehlung für verschiedene Karrierewege:

KarrierewegEmpfohlene AutodidaktikSinnvolle ZertifizierungenBesondere Anforderungen
Einsteiger in IT-SecurityGrundlagen über Bücher, YouTube, Udemy & Cybrary, erste CTFs (TryHackMe, HackTheBox)CompTIA Security+ als anerkannte Basis-ZertifizierungBasiswissen in Netzwerksicherheit und IT-Grundlagen sind vorteilhaft
Pentester / Ethical HackerViel Praxis durch CTFs, Bug Bounty, eigene Lab-Setups, Community-EngagementOSCP (Offensive Security Certified Professional), eJPT (Junior Penetration Tester)Hohe Problemlösungsfähigkeit, Durchhaltevermögen für praktische Prüfungen
IT-SicherheitsberaterBranchenstudien, Whitepapers, praxisnahe Risikobewertung von UnternehmenT.I.S.P. (TeleTrust Information Security Professional), CISSP, ISO 27001 Lead AuditorKombination aus technischem Verständnis und strategischer Beratung
Cloud Security ExperteHands-on-Übungen mit AWS/Azure, Testumgebungen aufsetzenAWS Certified Security – Specialty, Microsoft Certified: Azure Security Engineer AssociateVerständnis für Cloud-Technologien und Compliance-Anforderungen
Security Engineer (SIEM, Incident Response)Selbstständiges Arbeiten mit SIEM-Systemen, Log-AnalysenGCIA (GIAC Certified Intrusion Analyst), GCIH (GIAC Certified Incident Handler)Erfahrung mit Security Operations und Incident Handling notwendig
Red Team / Offensive Security ExperteFortgeschrittene Angriffs- und Evasionstechniken üben, eigene Tools entwickelnCRTP (Certified Red Team Professional), OSCE (Offensive Security Certified Expert)Verständnis für realistische Angriffsszenarien & Verteidigungsstrategien

Welcher Weg ist der richtige für Sie?

Die Frage, ob Autodidaktik oder Zertifizierungen der bessere Weg sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt nicht den einen richtigen Weg , vielmehr hängt die Wahl von der individuellen Situation, den Karrierezielen und den persönlichen Lernpräferenzen ab.

Autodidakten profitieren davon, sich flexibel und eigenständig neues Wissen anzueignen. Sie können sich in aktuelle Technologien und Bedrohungsszenarien einarbeiten, ohne auf starre Lehrpläne angewiesen zu sein. Gerade in einem sich schnell verändernden Feld wie der IT-Security kann dieser Ansatz vorteilhaft sein. Allerdings erfordert autodidaktisches Lernen eine hohe Eigenmotivation und Disziplin, da es keine festen Strukturen oder Prüfungen gibt, die den Fortschritt überwachen.

Zertifizierungen hingegen bieten einen klaren Kompetenznachweis, der besonders beim Berufseinstieg oder beim Wechsel in eine neue Position hilfreich sein kann. Sie ermöglichen es Arbeitgebern, die Qualifikationen eines Bewerbers schnell einzuschätzen, und sind in vielen Branchen ein wichtiges Auswahlkriterium. Wer sich für eine Zertifizierung entscheidet, erhält zudem eine strukturierte Ausbildung, die gezielt auf bestimmte Sicherheitsbereiche eingeht. Doch Zertifikate allein reichen nicht aus, praktische Erfahrung ist in der IT-Sicherheit unerlässlich.

Praxiserfahrung ist der Schlüssel zum Erfolg

Unabhängig davon, ob Sie sich für Autodidaktik oder Zertifizierungen entscheiden, gilt eine Grundregel: Erfahrung zählt am meisten. Wer sich in Capture-the-Flag-Events (CTFs), Bug-Bounty-Programmen oder eigenen Sicherheitsprojekten engagiert, kann seine Fähigkeiten praktisch unter Beweis stellen. Auch Zertifizierungsprüfungen mit Hands-on-Ansätzen, wie der OSCP (Offensive Security Certified Professional), helfen dabei, das Wissen in realistischen Szenarien anzuwenden.

Letztlich kommt es darauf an, beide Welten bestmöglich zu kombinieren: Autodidaktik, um praxisnah zu lernen und auf dem neuesten Stand zu bleiben, und Zertifizierungen, um offizielle Nachweise für das eigene Können zu erlangen. Wer diesen Mix für sich findet, ist bestens für eine erfolgreiche Karriere in der IT-Security Weiterbildung gerüstet.

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Jan Hörnemann

Ich bin Jan Hörnemann, TeleTrust Information Security Professional (T.I.S.P.) und seit 2016 leidenschaftlich in der Welt der Informationssicherheit unterwegs. Mein Master of Science in Internet-Sicherheit hat mir ein fundiertes Verständnis für verschiedene Aspekte dieser Branche vermittelt, das ich in meiner laufenden Promotion kontinuierlich ausbaue. In der AWARE7 bin ich Chief Operating Officer und Prokurist, gleichzeitig koordiniere ich die Abteilungen "Informationssicherheit" und "Offensive Services" und sorge dafür, dass alle Projekte reibungslos ablaufen.