Einst startete Flattr mit großen Ambitionen und einer unglaublich faszinierenden Idee. Flattr wollte das Trinkgeld in virtueller Form in das Internet bringen, um Blogs am Leben zu halten und ihnen eine Finanzierung auch abseits der klassischen Werbung zu ermöglichen.
Der Plan war gut, die Umsetzung okay, doch nun, nach vielen Jahren, ist endgültig Schluss. Die Idee von Flattr ist gescheitert und Trinkgeld im Internet funktioniert zwar inzwischen, aber nicht immer und auch nicht in der von Flattr gedachten Form. Das Unternehmen stellt daher endgültig seinen Dienst ein und gibt auf.
Wie es anfing, warum Flattr immer wieder zu kämpfen hatte und warum das ganze Vorhaben am Ende scheiterte, obwohl der Grundgedanke wirklich gut war, schauen wir uns zur Schließung des Unternehmens jetzt noch einmal genauer an.
Flattr macht dicht und keiner bekommt es mit
Kaum jemand bekam mit, dass Flattr vor Kurzem endgültig geschlossen wurde. Bereits im Januar wurde die Schließung von Flattr auf der offiziellen Website bekannt gegeben. Die meisten Medien berichteten darüber erst viele Tage oder Wochen später, so unbedeutend und wenig interessant erschien das Thema Flattr inzwischen. Es war eine Schließung im Stillen. Dabei fing alles einmal so fantastisch an.
Im Jahr 2010 hatte Peter Sunde (IT-Experten kennen ihn sicherlich als Mitbegründer von The Pirate Bay) gemeinsam mit Linus Olsson die Idee, eine Mikrospendenplattform für Blogger zu gründen. Der Name Flattr setzte sich aus den Begriffen »Flatrate« und dem Englischen »to flatter« zusammen. Die Idee war, dass Geld ebenso frei geteilt werden sollte wie Content. Eine Art faires Spendensystem sollte entstehen, welches guten Content belohnt und refinanziert.
Hinter den Kulissen: Nutzung und Anwender
Flattr funktionierte zu Beginn so, dass Nutzer zunächst einmal einen festen Betrag pro Monat einzahlen mussten. Es gab einen Mindestbetrag, darüber hinaus aber kaum weitere Vorgaben. Nutzer sollten einfach das einzahlen, was sie monatlich für den Support von Blogs entbehren konnten.
Der eingezahlte Betrag von den Flattr-Konsumenten wurde dann unter allen Flattr-Produzenten aufgeteilt. Am Anfang war es noch so, dass Konsumenten den Button klicken mussten, damit der Produzent etwas von ihrem eingezahlten Geld bekam. Später war das nicht mehr notwendig. Erfolgreich war der Dienst, allem Anschein nach, jedoch nicht. Auch wenn im September 2012 verkündet wurde, mehr als eine Million Mikro-Zahlungen abgewickelt zu haben, schien das nach zwei Jahren des Bestehens recht wenig zu sein.
Die Taz, die Flattr von Anfang an einsetzte, verdiente nach allen zugänglichen Angaben schon zu Beginn nur ungefähr 1.000 bis 2.000 Euro im Monat mit Flattr und gehörte ganz sicher mit zu denen, die noch am meisten profitierten. Aus einem Einnahmegericht geht hervor, dass es 2018 nur noch unter 50 Euro waren, die die Taz mit Flattr verdiente.
Nur mit Flattr konnte sich also so gut wie kein Angebot refinanzieren. Es war eher ein weiterer Button, der neben Facebook, Twitter und Co erschien, weshalb er von Nutzern oft auch gar nicht richtig verstanden wurde und wie der Share Button eines unbekannten sozialen Netzwerks wirkte.
Mit dem AdBlocker als Partner zu Flattr 2.0
Im Jahr 2016, in dem Flattr eigentlich schon für die meisten ziemlich tot war, kam es dann noch einmal zu einem Deal mit der Firma Eyeo. Das Unternehmen Eyeo war Kritikern dabei zunehmend ein Dorn im Auge, weil es mit seinem Werbeblocker AdBlock Plus wohl Geld von großen Medien verlangte, damit diese in das Acceptable Ads Programm aufgenommen wurden. Das war eine Art bezahlte Ausnahmeregel. Also Websites, bei denen trotz Werbeblocker weiterhin Werbung angezeigt wurde.
2017 übernahm die Eyeo GmbH Flattr dann vollständig, wobei der Kaufbetrag nicht öffentlich kommuniziert wurde. Ende 2017 gab es dann eine sogenannte Flattr 2.0 Version, die in erster Linie als Zero-Click-Service funktionierte. Nutzer mussten also nicht mehr aktiv Flattrn, um Websites zu unterstützen; vielmehr sollten teilnehmende Produzenten ihre Angebote entsprechend eintragen und verlinken, um dann Spenden von Flattr erhalten zu können.
Das Konzept von Flattr 2.0 war zwar einfacher und wesentlich zielführender, brachte aber nicht den gewünschten Erfolg. Flattr dümpelte die nächsten Jahre also mehr schlecht als recht vor sich hin und uns ist kein Fall mehr bekannt, der mit Flattr einen Erfolg verbuchen konnte. Vielmehr lösten neue Plattformen das alte Konzept allmählich ab.
Als Spenden und Abos zur Normalität wurden
Denn durch Twitch und YouTube-Livestreams sowie Services wie Tipeeestream, hatte sich mit einem Mal eine Kultur der Spenden etabliert. Zudem gab es immer mehr kostenpflichtige Abonnements, die Apps und Services hinter monatlichen Gebühren versteckten. Es wurde schlichtweg immer normaler, dass für bestimmte Plattformen und Services Geld ausgegeben werden musste und auch monatliche Abokosten wurden gemeinhin akzeptiert, wenn die Inhalte entsprechend hochwertig oder interessant waren.
Gleichzeitig gab es mit Patreon und der deutschen Alternative Steady auch Beizahlanbieter für Kreative und Content Creator. Diese konnten über Patreon und Steady nicht nur exklusive Inhalte ausspielen, sondern diese auch aktiv finanzieren und weiterhin kostenlos anbieten.
Die Idee von Flattr hatte sich somit längst gewandelt und war von Konsumenten in anderer Form akzeptiert worden. Kein Wunder also, dass Flattr Anfang 2024 dem Ganzen einen Punkt setzte und Flattr offiziell einstellte. Nach immerhin 14 Jahren des Bestehens, wenn zuletzt auch nur noch ohne nennenswerte Erfolgsmeldungen.
Flattr ist einfach vollkommen aus der Zeit gefallen
Flattr wirkte, nach all den Änderungen, nicht mehr zeitgemäß und das Konzept schien altbacken. War der einfache Flattr Button (Klicken, wenn es gefällt und Geld gespendet werden soll) noch eingängig, gab es später keinen direkten Bezug mehr. Einfach nur spenden wirkte zudem befremdlich, gerade auf Plattformen, wo es zunehmend auch Abonnements oder Paywalls gab, die blind akzeptiert wurden.
Doch genau die sind es heute, die Flattr erneut interessant erscheinen ließen. Wer sich durch das Internet klickt, speziell im Bereich Journalismus, bräuchte dutzende Abos. Eines für die ZEIT, eines für das Handelsblatt und viele Tech-Websites nutzen ebenfalls einen Premium-Zugang, der den Zugriff auf die wirklich interessanten Beiträge verwehrt. Da wäre Flattr doch praktisch, vielleicht auch modernisiert, sodass übergreifend Artikel gekauft und so unterstützt werden könnten.
Doch so wie Flattr war, hat es nun einmal nicht funktioniert. Durch die immer weiteren Änderungen wurde es aus Sicht der Nutzer zudem nicht besser. So ist es am Ende ganz gut, dass jetzt endgültig Schluss mit dem Service ist. Vielleicht wurde es einfach Zeit oder es war längst überfällig.